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NDR-Beitrag: „Mein Besitz passt in zwei Handgepäckstücke“

Entschleunigung und ein Ressourcen schonender Lebenswandel – das sind für Jasmin Mittag Schlüssel zu persönlichem Glück und ein Lösungsansatz für die Krisen der Gegenwart.

Dafür will die Minimalismus-Expertin aus Hannover das Bewusstsein schärfen, indem sie mit Gleichgesinnten den 1. Januar künftig als „Internationalen Minimalismus-Tag“ begeht. Das Leben in westlichen Gesellschaften werde „von einem regelrechten Konsumzwang beherrscht“, sagte Mittag in einem Gespräch mit dem Evangelischen Presse-Dienst. Das schränke den Menschen in seiner Freiheit ein. Man kaufe Dinge, die man nicht benutze, beschäftige sich unentwegt mit Kommunikation und sorge sich gleichzeitig ständig um seinen Besitz. Dabei wollen sich viele Menschen von diesen Zwängen zugunsten von selbstbestimmter Lebenszeit, Entschleunigung und einem achtsamen Umgang mit eigenen und fremden Ressourcen befreien, so die 44-Jährige.

Das richtige Maß finden

Die Minimalismusexpertin Jasmin Mittag benötigt nicht viel Platz für ihren Besitz.

Mittag sagt, sie beschäftige sich seit 2015 mit dem Minimalismus-Gedanken. Zunächst habe sie ihren Haushalt ausgemistet, ihre Bekleidung auf vier Farben reduziert und einen Minimalismus-Stammtisch gegründet. „Mit Haut und Haaren bin ich dann 2019 eingestiegen“, so Mittag. Sie habe in der Folge festgestellt, dass „um die 50 Gegenstände notwendig sind, um die Grundbedürfnisse einigermaßen komfortabel abzudecken“. Beim Minimalismus gehe es darum, das richtige Maß zu finden. „Minimalismus inspiriert dazu, herauszufinden, was für einen selbst wirklich Bedeutung hat. Das sind mit großer Wahrscheinlichkeit keine Gegenstände“, so Mittag. Inzwischen habe sie ihre Wohnung in Hannover aufgegeben, „obwohl ich die Stadt liebe“. Sie reise seitdem durch die Welt. „Mein derzeitiger Besitz passt in zwei Handgepäckstücke.“

Sechs Grundregeln für ein aufgeräumtes Leben

  • Bewusster Konsum Man solle sich vor jedem Kauf drei Fragen stellen: Brauche ich das wirklich? Gibt es das auch gebraucht? Und: Wen und was unterstütze ich mit meinem Kauf? Mittag rät, den Kaufwunsch einige Tage zu überdenken. Dieser verflüchtige sich dann.
  • Finanzen Mittag empfiehlt ein klassisches Haushaltsbuch, um den Überblick zu behalten. „Wer mit wenig Geld auskommt, kann sein Leben freier gestalten“, sagt sie. Außerdem empfehle es sich, mit Bargeld statt mit Karte zu bezahlen. „Das schützt vor Spontankäufen. Dann wird uns wirklich bewusst, wie viel Geld durch unsere Hände geht.“
  • Aussortieren und loswerden Mittag rät, sich an der Aufräum-Expertin Marie Kondo zu orientieren. Beim Aussortieren solle man bei Kleidung, Büchern und Tonträgern unter der Fragestellung „Bringt es mir Freude“ anfangen. Falls nicht, kann es weg. „Dabei gilt aber, nicht einfach nur wegzuschmeißen, sondern alle noch gut nutzbaren Dinge einem sinnvollen Zweck zuzuführen“, sagt Mittag, beispielsweise durch Verschenken an Sozialkaufhäuser.
  • Garderobe auf Basics reduzieren Mittag empfiehlt, den Kleiderschrank aufzuräumen. „Alle Klamotten, die ein Jahr lang nicht getragen worden sind, können weg“, sagt Mittag. Außerdem sei es vorteilhaft, sich auf wenige Farben zu beschränken. „Dann passt alles zu allem – und für Abwechslung und Farbakzente sorgen ein paar sorgsam gewählte Accessoires.“
  • Digitale Achtsamkeit üben Soziale Netzwerke und Messenger halten die Nutzer „oft von produktiveren, schöneren Erfahrungen ab“, sagt Mittag. Sie rät dazu, Push-Nachrichten zu deaktivieren und sich bildschirmfreie Zeiten und Zonen wie etwa das Schlafzimmer, einzurichten. „Die so eingesparte Zeit darf dann umso bewusster genossen werden: etwa bei einem Spaziergang in der Natur, einem guten Gespräch oder dem Kochen eines leckeren Mahls“, so Mittag.
  • Ernährung Eine gesunde, ökologisch und ethisch saubere Ernährung könne einen Beitrag zum Minimalismus leisten, ein regionaler und saisonaler Einkauf auf dem Wochenmarkt sei dem Discounter vorzuziehen. Beim Einkaufen sei darauf zu achten, auf Plastiktüten zu verzichten, so Mittag.

 

Beitrag auf NDR Online vom 27.12.2022 

Original-Beitrag unter: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Minimalismus-Mein-Besitz-passt-in-zwei-Handgepaeckstuecke,minimalismus102.html